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Unternehmensreportage Huhtamaki

Erfolgsrezept „To Go“: Hidden Champion der Verpackungsindustrie

Huhtamaki Foodservice Germany Operations GmbH & Co. KG in Alf

Schon viele, die zum ersten Mal die Produktionshallen in Alf betraten, ließen sich von ihren Sinnen einen Streich spielen: Duftet es hier etwa nach frischem Kaffee? Oder doch nach einem leckeren Burger? Tut es nicht. Doch was am kleinen Üßbach täglich vom Band läuft, ist eine der wichtigsten Zutaten für den Erfolg der Foodservice-Branche.

Die deutsche Niederlassung des finnischen Verpackungsgiganten Huhtamaki produziert und vertreibt Kaffeebecher, Salatschalen, Bierbecher, Menüboxen,… eben alles, was einer der wachstumsstärksten Bereiche der Lebensmittelindustrie benötigt. Der Name Huhtamaki ist vielleicht nur wenigen ein Begriff. Doch die Produkte kennen Millionen Menschen auf der ganzen Welt.

Huhtamaki Alf Maschine


Huhtamaki Alf Produktion


Huhtamaki Alf Mitarbeiter mit Computer

Zukunft zum Mitnehmen.

Von außen betrachtet sieht der Huhtamaki-Standort in Alf wie viele andere Unternehmen im Kreis Cochem-Zell aus: bodenständig, zweckmäßig, umgeben von schönster Moselnatur und Wäldern. Doch hinter dem Hallentor läuft das breite Sortiment über vollautomatisierte Produktionsstraßen, Roboter kommissionieren Waren, die Industrie 4.0 ist in vollem Gange.

Huhtamaki hat schon frühzeitig erkannt, dass die Verpackungsbranche vor einem großen Umbruch steht. Auf der einen Seite wird die Gesellschaft immer mobiler, Snacks und Getränke „auf die Hand“ sind ein fester Bestandteil des täglichen Lebens. Auf der anderen Seite hat sich der Blick auf Verpackungen grundsätzlich geändert. Sie müssen immer umweltfreundlicher, immer verbraucherfreundlicher und nicht zuletzt immer smarter werden.

Die Corona-Pandemie hat der To-Go-Branche wohl den größten Anschub gegeben und die Gegensätze zwischen Wachstumsmarkt und Neuausrichtung in der Verpackungsindustrie so deutlich gemacht wie kaum eine andere Entwicklung. Huhtamaki war darauf vorbereitet – und geht mit Innovation und Know-how in die Zukunft.

Auf Eisen gebaut, mit Kunststoff gewachsen, bei Papier angekommen.

Wo heute smarte Präzision und künstliche Intelligenz dominieren, flogen früher die Funken. Bereits 1826 wurde die kleine Gemeinde Alf mit der Ansiedlung eines Eisenhüttenwerks zu einem wichtigen Industriestandort der Region. Als neue Materialien den Markt eroberten, ging man in Alf mühelos mit der Zeit. 1957 wendete sich die Werksleitung dem Thema Kunststoff zu und etablierte das Unternehmen Bellaplast als Pionier des Thermoformings – eine effektive Variante der Kunststoffformung mittels Hitze und Vakuum.

Diese Kunststoffexpertise machte den finnischen Konzern Huhtamaki auf Bellaplast aufmerksam. Huhtamaki existiert seit 1920 und suchte vor rund 30 Jahren nach Möglichkeiten, sein Verpackungsportfolio weltweit zu etablieren und durch neue Lösungen für die Lebensmittelbranche zu erweitern. In Alf wurden sie fündig. Auch wenn Thermoforming und Kunststoffe heute immer noch eine große Rolle spielen, ist die Zukunft von Huhtamaki in Alf zunehmend auf Papier gebaut. Doch das heißt nicht, dass die jahrzehntelange Expertise nicht mehr benötigt wird. Im Gegenteil.

Huhtamaki Mitarbeiter Rene Dahmen an Maschine
Huhtamaki Alf Mitarbeiter und Geschäftsführer
Huhtamaki Alf Geschäftsführer Hendrik Müller

Mit Fingerspitzengefühl und einem Bekenntnis zur Natur durch den Wandel.

Biobasierte Kunststoffe für Salatcontainer, Strohhalme aus zertifiziertem Papier oder der Future Smart™-Papierfaserdeckel aus erneuerbaren Ressourcen sind nur einige Beispiele für den unbeirrten Blick nach vorn, mit dem Huhtamaki Foodservice Germany seinen Platz im Markt sichert und sogar ausbaut.

Gerade in diesem Markt sind derzeit Fingerspitzengefühl und Beweglichkeit gefragt. Kunststoffverpackungen sind ein heiß diskutiertes Thema, Plastik- und Einwegverbote in bestimmten Anwendungsbereichen stellen die Krisensicherheit auf die Probe. Wer überleben will, muss umdenken und innovativ sein. Damit hat man in Alf nun wirklich keine Probleme. In allen Produktlinien sind in den vergangenen Jahren neue Materialideen erblüht, die ihre Inspiration direkt aus der Natur ziehen.

Huhtamaki stellt heute zum Beispiel eine große Auswahl an Papierverpackungen für heiße und kalte Getränke, Eis und Lebensmittel aller Art her. Der Großteil dieser Pappe besteht aus Frischholzfasern, die das Unternehmen aus nachweislich nachhaltigen Quellen bezieht. Dafür garantieren unter anderem die Zertifikate des Programms zur Anerkennung der Forstzertifizierung (PEFC) oder des Forest Stewardship Council (FSC).

Mit dem Future Smart™-Becher aus Papier geht der Alfer Spezialist noch einen Schritt weiter. Er besteht nicht nur aus vollständig erneuerbaren Ressourcen. Diese stammen zudem vollständig aus Europa. Für jeden Zentimeter Papier wird per Kohlenstoffdatierung sichergestellt, dass die enthaltenen Elemente nicht älter als 100 Jahre sind. Kurze Wege, mehr Regionalität und ein klares Bekenntnis zur Natur sind schließlich ebenso ein wichtiger Bestandteil nachhaltiger Produktkonzepte wie die Materialien selbst.

Konventionen neu betrachten.

Geht es um Kunststoffe, ist Huhtamaki längst über einfache Plastiklösungen hinausgewachsen. Zum Beispiel mit der Bioware™-Range: Diese Lebensmittelverpackungen bestehen aus Ingeo PLA, einem Kunststoff, der sich in industriellen Kompostieranlagen nach EN13432 vollständig abbauen lässt.

Doch auch die konventionellen Kunststoffe des Unternehmens sind auf den zweiten Blick längst nicht nur einfach konventionell. Das Thermoforming – oder Tiefziehen – erhitzt Materialien wie Polystyrol (PS), Polypropylen (PP), Polyethylenterephthalat (PET) sowie recyceltes PET als Platten oder Folien auf eine bestimmte Temperatur. Dadurch wird der Kunststoff weich und biegbar. Über Druck und ein Vakuum wird er in speziellen Formteilen in die gewünschte Gestalt gebracht und anschließend abgekühlt. Werden die so hergestellten Verpackungen recycelt, kann das Verfahren mit denselben Rohmaterialien problemlos wiederholt werden.

Wie die Zukunft des To-Go-Geschäfts jenseits des altbekannten Gegensatzes von Papier oder Plastik aussieht, lässt sich hervorragend am Huhtamaki Future Smart™-Papierfaserdeckel für Getränkebecher ablesen. Er besteht aus einer Mischung aus Bagasse und Holzfasern. Bagasse ist ein Nebenprodukt der Zuckerrohrverarbeitung und entwickelt sich zum immer vielseitigeren Rohstoff für die Verpackungswelt. Klar, dass Huhtamaki hier ganz vorn dabei ist. Denn Packaging for good ist hier nicht nur ein internationales Motto, es ist auch ein Anspruch an die Fähigkeit, weiter zu denken als der Wettbewerb. 

Warum CochemZell? Das ist doch sonnenklar!

Bei ihrer letzten offiziellen Zählung kam die Gemeinde Alf am Üßbach auf exakt 884 Einwohner – 412 Männer und 472 Frauen. Nicht gerade viel für einen Industriestandort. Doch genau in der Ländlichkeit und Überschaubarkeit liegen zwei Gründe für die ungebrochene Unternehmensgeschichte des Verpackungswerks. Alf lässt Raum zur Entwicklung, die Anbindung an Kunden auf der ganzen Welt funktioniert reibungslos, das notwendige Wissen zur Herstellung moderner Food- & Drink-Verpackungen ist tief vor Ort verwurzelt. Wer in der Region lebt und arbeitet, sieht keinen Grund woanders hinzugehen.

Darum ist es nicht weiter verwunderlich, dass viele Beschäftigte aus der Bellaplast-Zeit bei Huhtamaki geblieben sind und den Staffelstab direkt an den eigenen Nachwuchs weitergereicht haben – inzwischen bereits bis zur dritten Generation. Eine solche Loyalität ist jedoch nicht selbstverständlich. Deshalb investieren die finnische Mutter und die Unternehmensleitung vor Ort viel in die Entwicklung des Standorts und der Belegschaft. Mit umfassenden Aus- und Weiterbildungsprogrammen sowie einem breiten Katalog an außerbetrieblichem Engagement in der Region wollen sie sicherstellen, dass die Bande zwischen Alf und Huhtamaki auch in Zukunft stark bleiben. 

So unbekannt und doch so berühmt.

Huhtamaki mit Hauptsitz in Espoo, Finnland, hat weltweit rund 17.000 Mitarbeiter und mehrere internationale Standorte. Allein in Deutschland sind es zwei – einer in Ronsberg und eben der Standort in Alf. Jede Unternehmenstochter ist auf einen bestimmten Verpackungsbereich spezialisiert. Während in Ronsberg flexible Packstoffe gefertigt werden – zum Beispiel Zahnpastatuben oder Medikamentensachets – gehört Alf ganz dem To-Go-Geschäft.

Es liegt in der Natur der Branche, dass kaum jemand den Namen Huhtamaki kennt, aber die ganze Welt täglich mit den Produkten in Berührung kommt. Becher oder Salatschalen aus Alf gehen millionenfach über die Theken der bekanntesten Fast-Food- und Fast-Casual-Ketten – und das pro Stunde. Morgenkaffee von Starbucks? Nachmittagssnack von McDonalds? Die Chancen sind sehr hoch, dass die Kunden ihre Snacks und Erfrischungen in einer Verpackung aus Alf mitnehmen.


Nachgewiesen verantwortungsvoll.

Wer täglich dazu beiträgt, Millionen Menschen auf der ganzen Welt mit Essen und Trinken zu versorgen, trägt eine Menge Verantwortung. Der Gesetzgeber erlässt strenge Regeln für die Lebensmittelbranche, die Kunden verlangen Qualität, die Gesellschaft ein Bekenntnis zur Nachhaltigkeit und die Mitarbeiter einen Arbeitsplatz, der ihren Bedürfnissen entspricht.

Während manches Unternehmen jede Säule seiner Corporate Social Responsibility einzeln betrachtet, hat Huhtamaki ein integriertes Managementsystem erarbeitet, das speziell auf das Unternehmen und seinen Standort zugeschnitten ist. Es trägt sogar seinen eigenen Namen. Hinter dem Huhtamaki-Alf-Management-System (HAMS) stehen fünf zentrale Anforderungen: Die Produkt- und Prozessqualität wird nach ISO 9001 überwacht und zertifiziert. Der ökologische Fußabdruck der Produktion und des Werks wird über das Umweltmanagement nach ISO 14001 verringert. Um den Ressourceneinsatz in allen Bereichen dauerhaft zu senken, folgt Huhtamaki in Alf dem Energiemanagement nach ISO 50001. Hinzu kommen Hygieneregeln nach BRC und natürlich ein Arbeits- und Gesundheitsmanagement nach OHSAS 18001.

Was schrecklich theoretisch klingt, bestimmt im Unternehmensalltag jeden einzelnen Handgriff und jedes einzelne Produkt. Ganz nach dem Anspruch der stetigen Verbesserung lässt sich Huhtamaki gern unter die Lupe nehmen – von internen und externen Prüfern, offiziellen Auditoren und seinen Kunden.

Wohin geht die Reise für Huhtamaki?

Verpackungen sind immer Verpackungen und die Innovationsfähigkeit ist endlich? Nicht für Huhtamaki. Genauso, wie sich die Gastronomie weiterentwickelt und neue Kunden immer neue Ansprüche stellen, arbeitet das Unternehmen in Alf an tragfähigen Konzepten für die Branche und die eigene Unternehmenszukunft.

Kaffeebecher mit digitaler Anbindung an Onlineinhalte, smarte Verpackungen, die beim Recycling und dem Ressourceneinsatz mitdenken, neue Produkte für zukünftige Gastrokonzepte: Bei Huhtamaki in Alf ist der Appetit auf Neues heute genauso groß wie vor fast 200 Jahren.

Video: Interview mit Geschäftsführer Markus Kühn

Video: Ausbildung und Arbeiten bei Huhtamaki in Alf