Gründerstory: Der Naturerlebnishof Vulkaneifel

Großes Herzensprojekt im kleinen Vorpochten

Für unsere Gründerstory sind wir unterwegs in der Verbandsgemeinde Ulmen, genauer gesagt in Vorpochten. Vorpochten? Wahrscheinlich werden selbst einige CochemZeller diesen Ortsnamen jetzt zum ersten Mal lesen. Vorpochten ist ein Stadtteil von Ulmen, der östlich der Stadt, eingebettet in der Natur der Vulkaneifel gelegen ist. 

Dass dieser einst unscheinbare Ort inzwischen immer mehr an Bekanntheit und vor allem Beliebtheit gewinnt, liegt auch an unseren beiden heutigen Interviewpartnern: Carmen und Mätty führen hier den Naturerlebnishof Vulkaneifel. Ein faszinierendes Projekt, welches die beiden in den vergangenen fünf Jahren auf die Beine gestellt haben – und zwar so erfolgreich, dass sich Carmen und Mätty inzwischen beide in Vollzeit ihrer Herzensangelegenheit widmen. Doch eins nach dem anderen. Wir zeigen euch, wie alles begann und sich über die letzten Jahre weiterentwickelt hat.

Ein Interview als Stein des Anstoßes

Carmen hat in Mainz Erziehungswissenschaften und Ethnologie studiert. Dass sie später einmal etwas mit Menschen machen möchte, war für sie da schon längst klar. Im Rahmen einer Forschungsarbeit führte sie zusammen mit anderen Studierenden ein Interview mit einer Psychologin durch, die gemeinsam mit ihrem Hund tiergestützte Therapien angeboten hat. „Da dachte ich mir, dass es total schön wäre, Tiere und Menschen zusammenzubringen und mit ihnen gemeinsam zu arbeiten“, erzählt Carmen von ihrer Idee.

Von da an träumte sie von einer Art Bauernhof, aber nicht als Ort der Nutztierhaltung, sondern als Ort der Begegnung von Mensch und Tier. Eine Weiterbildung in Naturpädagogik war dann der endgültige Startschuss, um in diesem Bereich beruflich Fuß zu fassen. Zunächst leitete Carmen in der Region Trier verschiedene Naturerlebnisprogramme für Schulklassen, die in Jugendherbergen zu Gast waren.

Ab 2017 führte sie in unserer Kurvenkreis-Region die ersten eigenen Kinderprogramme und naturpädagogischen Angebote in Selbstständigkeit durch – neben ihrem Hauptjob als Schulsozialarbeiterin bei der Kreisverwaltung Cochem-Zell. Allerdings musste Carmen für solche Programme immer wieder verschiedene Schutzhütten an unterschiedlichen Orten anmieten. Viel Aufwand und nicht immer die idealen Bedingungen für ihre Arbeit. „Ich hatte daher schnell den Wunsch nach einem festen Ort für meine Angebote“, schildert sie uns.

Herbstfoto von Familie Wendels vom Naturerlebnishof Vulkaneifel
 Carmen und Mätty mit ihren beiden Kindern.

Es folgte die nächste Weiterbildung, diesmal im Bereich Wildnispädagogik. Diesmal nicht allein, denn sie konnte auch Mätty von einer Teilnahme an der Weiterbildung überzeugen. „Survival und Natur waren schon immer mein Ding. Das war eine gute Möglichkeit, das Ganze zu professionalisieren“, sagt Mätty, dem als gelernter Fluggerätemechaniker Anpacken und praktische Arbeit quasi im Blut liegen. Von diesem Zeitpunkt an entwickelten sich ihre jeweiligen Interessen und Stärken zu einem gemeinsamen Traum und die beiden fingen an, einen Plan für ein potenzielles Grundstück zu schmieden, auf dem dieser gemeinsame Traum Realität werden kann.

Wie aus Wildnis Wirklichkeit wurde

Carmen selbst kommt aus Ulmen, Mätty stammt aus Auderath. Auf ihrer Suche nach einem geeigneten Ort haben Carmen und Mätty, die zu diesem Zeitpunkt bereits gemeinsam in Ulmen lebten, sich richtig ins Zeug gelegt, u.a. sprachen sie mit dem Ulmener Ortsbürgermeister über ihre Pläne und die dazu passenden Möglichkeiten. Irgendwann im Jahr 2019 schauten sich die beiden dann einfach mal über Google Earth die Umgebung aus der Vogelperspektive an. „In Vorpochten haben wir ein kleines Stück Wald am Ortsrand entdeckt, zu dem wir dann einfach mal hingefahren sind. Dort standen wir aber vor einem verschlossenen Tor und einem völlig zugewachsenen Grundstück“, erinnert sich Mätty.

Die beiden fuhren unverrichteter Dinge erst einmal wieder nach Hause. Doch wie es der Zufall so will, entdeckten Carmen und Mätty kurze Zeit später genau dieses Grundstück in einem Online-Portal – es stand zum Verkauf. Von da an ging es schnell: „Wir haben sofort angerufen, unser Konzept vorgestellt und dann auch die Zusage erhalten.“

„Der große Vorteil hier war die schöne Grundsubstanz mit Jahrzehnte alten Bäumen. Es war keine leere Fläche, auf der Bäume erst einmal jahrelang wachsen mussten“, erzählt uns Mätty. Doch in die wuchernde Wildnis musste auch erst einmal Ordnung gebracht werden, denn schließlich benötigten die geplanten Aktivitäten auch ein gewisses Maß an freien Flächen. „Wir wollten dabei jeden Baum, jede Hecke und jede Pflanze so gut es ging erhalten“ ergänzt er.

Schafe, Lämmer und Ziegen im Freigehege im Naturerlebnishof Vulkaneifel
Schaf Merlin (links) ist von Anfang an mit dabei.

Schritt für Schritt zum Traumprojekt

Im Jahr 2020 zogen Carmen und Mätty mit ihrer damaligen Hündin Bella und Katze Whisky auf die Baustelle. Mit dabei war da auch schon der erste Bewohner der Tierfarm: Flaschenlamm Merlin, der auch heute noch ein Mitglied der außergewöhnlichen „WG“ ist. Mit der Zeit kamen auf dem Hof Zwergziegen, Schafe, Schweinchen, Gänse, Kaninchen und eine bunte Hühnerschar hinzu.

Im selben Jahr konnten Carmen und Mätty auch schon erste natur- und wildnispädagogische Programme durchführen. Seit 2022 kann man auf dem Naturerlebnishof campen – ganz abenteuerlich in Baumzelten oder etwas komfortabler in Glampingzelten. An dieser Stelle loben die beiden übrigens den starken Zusammenhalt und die Gemeinschaft in ihrer neuen Wahlheimat Vorpochten. „Als wir die Zelte auf unserem Hof aufbauen wollten, haben wir das nur beiläufig mal gegenüber anderen erwähnt. Kurze Zeit später hing schon eine Art Dienstplan im Ort, auf dem stand ‚Wer kann Carmen und Mätty helfen?‘. Und wir waren erstaunt darüber, wie viele sich spontan darauf eingetragen haben“, erinnert sich Carmen begeistert.

Das neue und vor allem besondere Angebot in der Vulkaneifel sprach sich schnell herum. Im Jahr 2022 war sogar schon die Gruppe „PietSmiet“, bekannt durch Youtube und Twitch, zu Besuch und hat live vom Naturerlebnishof gestreamt. Unterdessen gingen die Bauarbeiten auf dem Hof kontinuierlich weiter. Es wurden Versorgungs- und Stromleitungen gelegt und weitere Unterkünfte kamen dazu. Seit 2023 verfügt der Naturerlebnishof Vulkaneifel auch über feste und gedämmte Unterkünfte: In den beiden Eifelhüttchen und dem Schäferwagen sind dadurch auch Besuche in kälteren Monaten möglich.

Drei Glampingzelte im Naturerlebnishof Vulkaneifel
Komfortable Glampingzelte auf dem Naturerlebnishof.
Baumzelte im Naturerlebnishof Vulkaneifel
Oder doch lieber abenteuerlich im Baumzelt schlafen?
Die Eifelhütte ist eine kleine Holzhütte im Naturerlebnishof Vulkaneifel
Hier könnt ihr aber auch in Eifelhüttchen...
Bauwagen im Naturerlebnishof Vulkaneifel
...oder im umfangreich ausgebauten Schäferwagen übernachten.

2024 bauten Carmen und Mätty das Sanitärgebäude aus und sanierten den Hofladen. In diesem Jahr besuchten besonders viele Klassenfahrten, Firmen, Familien und weitere Gruppen den Hof. Das Angebot kam an – aus ihrem Traum war für Carmen und Mätty endgültig ein funktionierendes Herzensprojekt geworden, das sich auch wirtschaftlich trägt. „Wir haben immer fest an unser Vorhaben geglaubt und tun das auch weiterhin, gemeinsam schaffen wir das!“, bringt es Mätty auf den Punkt.

Voller Einsatz für den Naturerlebnishof

Zu Beginn des Jahres 2025 stand unser Gründerpaar dann vor einer wichtigen und wegweisenden Entscheidung. Durch die weiter steigende Nachfrage und große Beliebtheit des Naturerlebnishofs wurde auch die Doppelbelastung für Mätty immer größer, schließlich war er zu diesem Zeitpunkt noch in Vollzeit als Fluggerätemechaniker beschäftigt. Carmen gibt uns Einblicke in die Entscheidungsfindung: „Wir standen vor der Wahl: Entweder die Angebote auf dem Naturerlebnishof herunterfahren, damit Mätty den Hof und seine Arbeitsstelle wieder besser in Einklang bringen kann. Oder eben genau das Gegenteil: Wir widmen uns voll und ganz der Selbstständigkeit und bauen die Angebote auf den Hof weiter aus“.

Nach intensiver Überlegung entschied sich Mätty schließlich dafür, seinen Vollzeitjob zu kündigen und zusammen mit Carmen Vollgas für den Naturerlebnishof zu geben. „Das war ein riesen Schritt für mich“, blickt der junge Familienvater sichtlich berührt aber auch voller Stolz auf das vergangene Frühjahr zurück. Seit Mai 2025 ist der Hof nun also das gemeinsame Vollzeitprojekt der beiden. Und jetzt, wo das Ende der Saison naht, stellen beide fest: Der Schritt hat sich gelohnt.

Die Natur- und erlebnispädagogischen Programme finden weiter sehr guten Anklang, der Hof hat steigende Buchungszahlen und dank der Zusammenarbeit mit externen Partnern werden inzwischen auch Workshops, Retreats oder auch Yoga- und Fitnesskurse angeboten. „Das Jahr 2025 war ein sehr gutes Jahr und dient uns nun als Basis, an der wir uns im nächsten Jahr wieder messen wollen“, sagt Carmen.

Sitzbereich im Freien mit Feuerstelle im Naturerlebnishof Vulkaneifel
Hier sitzt ihr mitten in der Natur zusammen...
Zwei Schweine im freien Gehege im Naturerlebnishof Vulkaneifel
...und kommt den Tieren auf dem Hof ganz nah.

Herausforderungen und Stolpersteine

Ein Kinderspiel ist die Arbeit auf dem und für den Naturerlebnishof gewiss nicht. „Was man nicht unterschätzen sollte und auf den ersten Blick nicht sieht: Es ist auch viel Arbeit im Büro, am PC und im Marketing. Wir haben ein tolles Angebot auf der einen Seite, müssen es aber auf der anderen Seite an die Kunden bringen und vor allem auch bestmöglich erklären“, berichtet Carmen und wird gleich von Mätty ergänzt: „Denn manchmal rufen die Leute auch an und fragen: ‚Ihr seid doch ein Streichelzoo, können wir mal kurz vorbeikommen?‘“. „Und genau das sind wir eben nicht“, halten beide lachend fest.

Eine Frage, die wir allen Gründerinnen und Gründern stellen und uns auch hier wieder brennend interessiert hat: Wie verlief der Gründungsprozess in Sachen Genehmigungen und dem Umgang mit Behörden? „Zunächst war es etwas schwierig“, gibt Mätty zu. „Das Problem war ganz einfach, dass unser Projekt mit nichts zu vergleichen war, was es bereits gab. Das war aber zugebenermaßen nicht nur für die Behörden, sondern auch für Planer, Architekten und Ingenieure schwierig.“

Carmen und Mätty mussten zunächst also viel Aufklärungsarbeit leisten. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan musste her, Baugenehmigungen und Baumgutachten mussten eingeholt werden. Insgesamt war eine Menge Durchhaltevermögen gefragt. „Unterm Strich kann man aber sagen: Als auf allen Seiten – auch auf unserer – erst einmal die Unklarheiten beseitigt waren, haben die Genehmigungsprozesse gut funktioniert“, stellt Mätty fest. 

Ein Loblied auf die Region

Carmen, Mätty, ihre beiden Kinder und die tierischen Mitbewohner sind endgültig angekommen in Vorpochten. Über ihre neue Wahlheimat sagen sie: „Vorpochten ist ein besonderer Ort. Aus fast allen Bundesländern in Deutschland sind Menschen hierhergezogen.“ Mehrfach betonen sie auch die wertvolle Arbeit des Heimat- und Verkehrsvereins Vorpochten, der viel für den kleinen Ortsteil leistet.

Und auch mit Blick auf die direkte Umgebung kommen die beiden ins Schwärmen: „Wir sind auch für unsere Zielgruppe perfekt gelegen. Viele nutzen unseren Hof als Ausgangsort für Wanderungen durch das Enderttal oder einen Besuch in Ulmen. Besonders der neue Maar-Stollen ist eine ideale Ergänzung.“ 

So hat bspw. eine Waldorfschule, die auf dem Hof zu Besuch war, einen Ausflug zum Maar-Stollen für ihren Gesteinsunterricht genutzt.

Nicht ganz unwichtig: Dank der neuen Verbindungen und Taktungen des ÖPNV im Kurvenkreis ist Vorpochten auch deutlich besser angebunden, wenngleich eine solch ländliche Idylle natürlich trotzdem recht abgelegen ist. 

Es ist eben ein guter Mix, der genau zum Naturerlebnishof Vulkaneifel passt. Viel Natur, viel Ruhe, aber eben auch tolle Möglichkeiten in der Region.

Im Hofladen des Naturerlebnishof Vulkaneifel
Blick in den Hofladen.

Beste Zukunftsaussichten

Und auch für die Zukunft haben Carmen und Mätty schon einige Pläne. Ein neues Gebäude soll her. Eine Art Seminargebäude, das dem Naturerlebnishof weitere Möglichkeiten zur Saisonerweiterung gibt und für Weihnachts- und Familienfeiern oder Seminare und Tagungen geeignet ist – völlig wetterunabhängig. Hofladen und Garten sollen neu- bzw. umgestaltet werden, ein Gewächshaus ist geplant, die bestehenden Angebote sollen fortgeführt und ausgeweitet werden.

Viele Pläne also, die weiterhin vollen Einsatz von Carmen und Mätty erfordern werden. Doch wenn man an seinem Herzensprojekt arbeitet, fällt es doch viel leichter, Arbeit und Leidenschaft miteinander zu verbinden. Mit einem Augenzwinkern halten die beiden zum Ende des Interviews fest: „Immerhin wissen wir ja jetzt auch schon, wie es mit den Behörden funktioniert… .“


Wir danken Carmen und Mätty für die vielen spannenden Einblicke und das offene und herzliche Interview. Ihr wollt mehr über den Naturerlebnishof Vulkaneifel erfahren? Dann schaut doch gerne einmal auf der Webseite vorbei: https://naturerlebnishof-vulkaneifel.de/

Viele weitere Infos rund um das Thema Gründen findet ihr hier auf unserer Webseite.