Nachfolge im Gastgewerbe – wie es funktioniert, und wie nicht!

Wir sitzen zusammen mit Tina und Silvia im Restaurant der Halfenstube in Senhals. Beide führen mittlerweile seit einigen Jahren sehr erfolgreich ihre Hotelbetriebe mit jeweils angeschlossenem Restaurant. Als wir auf das Thema unserer Beitragsreihe – die Unternehmensnachfolge – zu sprechen kommen, legen die zwei sofort los und teilen ihre Erfahrungen.

Tina kann sich noch gut an ihre Anfänge im elterlichen Betrieb erinnern. Dieser wurde 1957 von ihrem Großvater als Straußwirtschaft gegründet, später zum Restaurant und schließlich zum Hotel erweitert. Wie bei Familienbetrieben in dieser Branche üblich, hat Tina schon als kleines Kind den Hotelbetrieb unsicher gemacht. „Als ich ganz klein war, habe ich immer in der Küche gespielt“, fängt sie an zu erzählen. Mit 16 Jahren hat sie dann im Service mitgearbeitet. Für ihre Ausbildung und ihren Karrierestart sowie eine kurze Zeit im Ausland verließ sie ihre Heimat und den Familienbetrieb.

Tina war noch im Ausland, als ihre Eltern anfingen über die Zukunft des Hotels nachzudenken und dabei auch erstmals einen Verkauf in Erwägung zogen. Zuvor hatte sie eigentlich noch nicht an die Übernahme des Hotelbetriebs ihrer Eltern gedacht, nun aber begann sie zu überlegen: „Ich dachte mir, dass es schon komisch wäre, wenn plötzlich das Hotel und damit auch mein Zuhause nicht mehr unserer Familie gehören würde.“

Nach kurzer Bedenkzeit kam sie mit 29 Jahren zurück an die Mosel und packte zunächst wieder im Service mit an. 2017 übernahm sie schließlich mit 31 Jahren offiziell den Hotelbetrieb, führte diesen aber erst einmal mit ihren Eltern praktisch im Dreigespann. „Das hat nicht immer gut funktioniert“, berichtet sie mit einem Augenzwinkern und ergänzt: „Wir haben schnell festgestellt: man darf nicht zu viele Häuptlinge auf einmal haben.

Auf dem Papier war zwar klar geregelt, wer Entscheidungen zu treffen hat. Im eigentlichen Tagesgeschäft sah das dann aber manchmal anders aus.“ So kam es hier und da zu Situationen, in denen man sich nicht einig wurde, bspw. was die Küchenzeiten oder den Ablauf im Service angeht.

Ganz vermeiden lässt sich das in einer so lebendigen und betriebsamen Branche wie dem Gastgewerbe wohl nicht. „Wichtig ist aber, dass man während der Arbeit professionell bleibt. Nach Feierabend kann man sich dann zusammensetzen und in Ruhe über die Dinge sprechen. Das ist uns auch immer gut gelungen“, fasst Tina zusammen.

Tina Berg hat das Weinhaus Berg in Bremm von ihren Eltern übernommen.
Tina Braun-Berg zusammen mit ihren Eltern.

Generell kann man die Übergabe im Weinhaus Berg als erfolgreich bezeichnen. Ihre Eltern überließen Tina von Beginn an immer mehr Verantwortung. Während ihre Mutter heute nur noch gelegentlich nach dem Rechten sieht, kümmert sich ihr Vater hauptsächlich um handwerkliche Arbeiten und das Frühstück im Hotel. Wer die Verantwortung hat, ist aber klar geregelt. Dass das so gut funktioniert, liegt wohl auch daran, dass es bei der Übergabe vom Großvater an den Vater nicht ganz so harmonisch zuging. „Das ist damals nicht so einwandfrei gelaufen. Deshalb war auch mein Vater für einen klaren Cut bei unserer Übergabe.“

Im Übergabeprozess setzte Familie Berg außerdem auf externe Beratung. Über den DEHOGA unterstützte die cbg Betriebsberatung, die auf Hotel- und Gastronomiebetriebe spezialisiert ist, Tina und ihre Eltern bei der Übergabe des Staffelstabs. Das war übrigens auch in der Halfenstube so, wie uns Silvia berichtet. Sie knüpft im Gespräch direkt an Tinas Erzählungen an und erklärt uns, wie die Übergabe bei ihr gelaufen ist.

Die Story der Halfentstube beginnt mit einer kleinen Geschichtslehrstunde. Das „Halfen“ war nämlich das Aufwärtsziehen von Schiffen mithilfe von Pferden. Als Rastmöglichkeit für Arbeiter und Pferde entlang der Mosel wurde das Haus 1752 als Gasthof mit Pferdestall erbaut. Silvias Urgroßeltern und Großeltern erweiterten den Gasthof über die Jahrzehnte stetig, ehe ihre Eltern den kleinen Hotelbetrieb 1973 übernahmen. Auch Silvia hat bereits in jungen Jahren in der Küche mitgeholfen, während ihre Schwester im Service arbeitete.

Silvia startete mit einer Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau dann erst einmal in ihre eigene berufliche Karriere. Sie arbeitete danach als Reiseleiterin sowie in namhaften Hotels in Ecuador, Spanien und den USA. „Ich wollte dann eigentlich von Amerika aus nach Spanien zurück, allerdings wurde zur gleichen Zeit auch zuhause meine Hilfe gebraucht“, blickt Silvia zurück. Im Jahr 2006 entschied sie sich schließlich im Alter von 30 Jahren dazu, nach Senhals zurückzukehren und den Hotelbetrieb mit ihren Eltern gemeinsam zu führen. 

„Es sind ordentlich die Fetzen geflogen“, erzählt Silvia von der Anfangszeit. Silvia kann durchaus als energiegeladen und umtriebig charakterisiert werden. Die neuen Ideen, die sie mit in den Betrieb einbrachte, stießen bei ihren Eltern nicht immer auf positives Feedback, vieles wurde negativ betrachtet. 

Genau wie bei Tina und ihren Eltern, gab es zum Beispiel auch hier unterschiedliche Vorstellungen zu Öffnungs- und Servicezeiten. Das scheint wohl ein generelles Generationenproblem zu sein, wie wir feststellen.

Silvia Hees hat das Hotel Halfenstube von ihren Eltern übernommen.
Ursula und Erich Klinge, die Eltern von Silvia Hees.

Im Jahr 2014 standen dann größere Investitionen im Hotel an. Das Stammhaus wurde kernsaniert, ein neuer Spa-Bereich errichtet. Das nahm Silvia mit ihren Eltern dann zum Anlass, die Übergabe des Familienunternehmens „auf dem Papier“ zu besiegeln. Zwar kam es auch danach weiterhin zu der ein oder anderen Unstimmigkeit im Tagesgeschäft, aber Silvia hat sich selbst schnell ein Mindset antrainiert, das ihr hilft mit Herausforderungen aller Art umzugehen: „Ich habe mir abgewöhnt, mir zu viele Gedanken zu machen. Ich denke nur noch positiv. Für mich gibt es keine Probleme, nur Lösungen.“ Eine bemerkenswerte Herangehensweise, die beim Führen eines (Familien-) Unternehmens mit Sicherheit hilft, wie wir finden.

Das versucht Silvia im Übrigen auch schon jetzt der nächsten Generation vorzuleben. Sowohl ihre Tochter als auch ihr Sohn, erst 15 und 12 Jahre jung, spielen heute schon mit dem Gedanken, später einmal in das Hotel mit einzusteigen und es langfristig sogar weiterzuführen. Aus ihrer eigenen Erfahrung weiß Silvia, wie sie das Ganze angehen wird und wie man generationsbedingte Differenzen vermeiden oder zumindest reduzieren kann.

Am Ende unseres Gesprächs fassen wir mit Tina und Silvia noch einmal die wichtigsten Punkte bei der Übergabe eines Hotelbetriebes innerhalb der Familie zusammen. Beide sind sich einig, dass „ein klarer Cut“ erfolgen muss – nicht nur auf dem Papier, sondern auch im täglichen Betriebsablauf und in der Aufgabenverteilung. Zwangsläufig kommt es, wie in anderen Branchen auch, zu Reibereien und Meinungsverschiedenheiten, die hauptsächlich in den unterschiedlichen Vorstellungen und Herangehensweisen der Generationen begründet sind. Wichtig ist aber, dass man offen darüber spricht und am Ende des Tages jemand eine Entscheidung trifft und den Weg klar vorgibt.

Beide heben auch noch einmal die Unterstützung der Betriebsberatung des DEHOGA hervor, die sowohl im Weinhaus Berg als auch im Hotel Halfenstube den Prozess verbessert hat. Bei Formalitäten muss selbstverständlich auch ein Steuerberater mit hinzugezogen werden, der ebenfalls wichtige Tipps geben kann.

Letztendlich können wir festhalten, dass die Übergabe in beiden Häusern funktioniert hat. Das beweisen allein schon das gut laufende Geschäft und die Zufriedenheit von Tina und Silvia. Auch wenn der Weg dahin mit Sicherheit nicht komplett reibungslos war. Und wer weiß: Vielleicht berichten wir irgendwann auch einmal über die nächste Übergabe im Hause Berg und im Hause Hees?...

Weitere spannende Nachfolge-Storys findet ihr in den kommenden Tagen auf dieser Seite.